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Die SNB weiss nicht, was gutes Geld ist

Die SNB weiss nicht, was gutes Geld ist

Im Oktober ist der Präsident der Nationalbank in einem Vortrag der Frage nachgegangen, was gutes Geld ausmacht. Ein Vortrag, bei dem offenbar ein halbes Dutzend Ökonomen der SNB mitgewirkt haben und allein schon deshalb erwartet werden dürfte, dass diese zentrale Frage nach gutem Geld einigermassen gründlich beantwortet würde. Doch weit gefehlt!

Als wichtigstes Kriterium für gutes Geld wird von der SNB die Wertbeständigkeit dargestellt. Dies ist zweifellos richtig und dass die SNB dieses Ziel in den letzten Jahrzehnten weitgehend erreicht hat, ist erfreulich und zu begrüssen. Aber gibt es für gutes Geld keine weiteren Kriterien? Aus unserer Sicht gibt es einige weitere, sehr wichtige Kriterien für gutes Geld:

a) Gutes Geld sollte verteilungspolitisch neutral sein und nicht einzelne Akteure bevorzugen. Im heutigen System ist es so, dass die Geldschöpfungsgewinne bei den Banken anfallen und es ist unbestritten, dass durch die aktuelle Geldschwemme die Aktienkurse in die Höhe getrieben wurden und deren Eigentümer damit massiv reicher gemacht haben. Als Mittel gegen eine solche Entwicklung drängt es sich geradezu auf, einen Teil des Geldes gezielt über eine allgemeine Bürgerdividende in Umlauf zu bringen und damit alle BewohnerInnen vom Geldsystem profitieren zu lassen.

b) Aus unserer Sicht sollte gutes Geld auch sicher sein – und zwar unter allen Bedingungen und auch in Krisensituationen. Dies ist beim heutigen Bankengeld ganz offensichtlich nicht der Fall: Die Sicherheit des Bankengeldes kann nur durch eine Einlagensicherung und letztlich durch ausgesprochene oder unausgesprochene Staatsgarantien einigermassen gewährleistet werden.

c) Aus unserer Sicht sollte gutes Geld auch Freiheit und eine gewisse (durch die Gesetzgebung über Geldwäsche begrenzte) Anonymität  ermöglichen. Das heisst, das Bargeld darf nicht verschwinden. Dazu und auch zu den Entwicklungen im Bereich der Kryptowährungen, welche das Monopol des Staates immer mehr in Frage stellen, finden sich im Vortrag keine Ausführungen. 

Das wichtigste Anliegen dieses Vortrages war offensichtlich, die heute im Gesetz und in der schweizerischen Praxis definierte Unabhängigkeit der Nationalbank als einen der wichtigsten Pfeiler eines guten (wertstabilen) Geldes darzustellen und zusätzlich jede Form der Staatsfinanzierung als äusserst gefährlich darzustellen. 

Jordan wendet sich explizit gegen eine direkte Staatsfinanzierung und vertritt die Meinung, dass «gemäss aller geschichtlichen Erfahrungen dies indes über kurz oder lang in einem wirtschaftspolitischen Fiasko münden würde.»  Dabei übersieht er, dass es auch viele positive geschichtliche Erfahrungen gab: Kanada und Japan sind die bekanntesten Beispiele (vgl. z.B. Wolfgang Krumbein, Staatsfinanzierung durch Notenbanken, Metropolis Verlag 2018). Auch der ehemalige EZB Direktor Ulrich Bindseil hat erst kürzlich ein umfassendes Werk veröffentlicht, in welchem er die monetäre Staatsfinanzierung als den historischen Normalfall beschreibt und im Prinzip als eine gute Sache einstuft. 

Die Trennung von Geld- und Finanzpolitik lässt sich nicht so eindeutig ziehen, wie dies Jordan gern möchte: Wäre es Staatsfinanzierung, wenn in der aktuelle Krise dem Bund für die Finanzierung der Sozialwerke (ALV und SVA) Geld gegegeben würde oder wäre es Geldpolitik um die Nachfrage nicht einbrechen zu lassen? Ist es nicht auch Staatsfinanzierung, wenn der Bund zur Finanzierung der Krise die Verschuldung gegenüber dem Kapitalmarkt erhöht und dieser durch die lose Geldpolitik der SNB mit Geld versorgt wird?

Von immer mehr Ökonomen und Ökonominnen, wie z.B. Philipp Hildebrand oder Stephanie Kelton, wird die strenge Trennung von Finanz- und Geldpolitik in Frage gestellt. Der Grund ist einfach: Die heutige Praxis ist nicht dazu geeignet, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern. Auch die heutige Form der Unabhängigkeit der Nationalbank erweist sich zunehmend als ein Dogma, dass geschickt dazu genutzt wird, jede Diskussion zu diesem Thema im Keim zu ersticken. Die Geldpolitik  in der heutigen Form als unantastbar und alternativlos hinzustellen, wird sich jedoch nicht halten lassen.

Fazit:

Eine grosse Unabhängigkeit der Notenbank im operativen Geschäft ist sicher richtig; aber eine völlige Unabhängigkeit kann es in einem demokratischen Staat nicht geben. Über die Gesetzgebung bestimmt der Gesetzgeber die Ziele und Instrumente der Geldpolitik. Es wird in Zukunft auch die Möglichkeit geschaffen werden müssen, dass die SNB gezielt Helikoptergeld bzw. eine Bürgerdividende auszahlen kann.

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