Wie weiter mit der Geldpolitik?
Die Geldpolitik steckt in einer Sackgasse. Nachdem die Amerikanische Zentralbank FED die Zinsen wieder gesenkt hat, wächst der Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB) und damit auch auf die Schweizer Nationalbank (SNB). Die Frage ist, was tun? Die Zinsen noch weiter (ins Minus) senken und noch mehr Aktien und Anleihen aufkaufen? Die Chancen, dass dieses Szenario Realität wird, sind leider gross. Die Angst vor einer Aufwertung des Schweizer Frankens treibt die Währungshüter vor sich her. Es scheint, als fehle es ihnen an Mitteln und Wegen, aus der Sackgasse zu finden.
Wohin das führen könnte, zeigt sich heute bereits in Japan. Die Zentralbank ist dort zum wichtigsten Finanzierer des Staates geworden und hält immer mehr Anteile an der Wirtschaft, während gleichzeitig die Inflation und die Nachfrage stagnieren (lesen Sie dazu Beiträge aus der Süddeutschen und aus dem Magazin Focus). Kein Zentralbanker der Welt kann also sagen, er wisse nicht, wohin die aktuelle Politik führt. Und müsste sich fragen, welche Instrumente es für eine Kurskorrektur braucht, um nicht in dieselbe Falle zu steuern.
Das Angst-Szenario, das die Gegner der Vollgeld-Initiative teils heraufbeschworen haben, wird nun offensichtlich Realität. Die Finanzwirtschaft und die Realwirtschaft geraten in eine zunehmende Abhängigkeit der Geldpolitik. Je länger je mehr steuert die Geldpolitik die Wirtschaft. Das ist die pure Ironie der Geschichte. Nachdem man die Chance, die sich dank der Vollgeld-Initiative bot, verpasst hat, braucht es heute dringender denn je eine Reform der Geldpolitik. Dass das Weitermachen wie bisher keine vernünftige Option ist, müsste eigentlich klar sein.
Ein erster wichtiger Schritt aus der Sackgasse könnte z.B. die Einführung einer Bürgerdividende als ein neues geldpolitisches Instrument sein. Damit könnte die SNB mit kleinen Beträgen direkt die nominale Nachfrage im Inland ankurbeln sowie die Preis- und Währungsstabilität gewährleisten. Reinhold Harringer aus St. Gallen, Vorstandsmitglied des Vereins Monetäre Modernisierung (MoMo) und ehemaliger Sprecher der Vollgeld-Initiative, arbeitet aktuell an einem konkreten Vorstoss (lesen Sie hier einen Bericht aus dem St.Galler Tagblatt dazu). Und auch Michaël Malquarti, Vermögensverwalter und Buchautor aus Genf, stuft die Einführung einer Bürgerdividende als essentiell zur Überwindung der aktuellen geldpolitischen Herausforderungen an (hier finden Sie sein Buch dazu).
Aufgrund der bisherigen Erfahrungen muss leider damit gerechnet werden, dass der Vorschlag, eine Bürgerdividende als neues geldpolitisches Instrument für die SNB einzuführen, mit den bekannten Scheinargumenten torpediert werden wird. Dazu gehören das Gespenst einer Hyper-Inflation, der Verlust der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Schweiz, ein abnehmender Wille für Geld zu arbeiten usw.. Bevor man sich sein Urteil bildet, sollte man sich daher stets fragen, ob hinter den Behauptungen auch tatsächlich eine nachvollziehbare Begründung steht. Denn ein Argument sollte auch begründbar sein und nicht nur behauptet werden.
Es bleibt zu hoffen, dass wegen der sich zuspitzenden geldpolitischen Grosswetterlage zumindest bei der SNB für einmal alle Optionen für eine Reform der Geldpolitik vorurteilsfrei geprüft werden und nicht gleich wieder der Teufel an die Wand gemalt wird. Gefragt ist aber auch die die Politik, die schlussendlich für die Gestaltung der geldpolitischen Rahmenbedingungen verantwortlich ist (die Gesetze macht ja nicht die SNB).
Selbstverständlich ist die Unabhängigkeit der Notenbanken ein hohes Gut. Es ist eben gerade auch im Sinne einer unabhängigen Geldpolitik, dass jetzt die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die geldpolitische Werkzeugkiste entsprechend gestaltet werden. Eines ist klar, entscheidet man sich dazu, eine Reform weiter hinauszuschieben und weiterhin auf die bisherigen Instrumente zu setzen, verliert die Gesellschaft, die Marktwirtschaft und die Demokratie.