Teil 3: Jüngste Befunde zum Negativzins
Wegen der Bargeldbarriere ist das Giralgeld der meisten Bankkunden von Negativzinsen bisher weitgehend verschont geblieben. Einige Banken belasten hohe Giroguthaben mit einem geringen Satz, zum Beispiel 0,4% auf Guthaben von Geschäftskunden in Höhe von mehr als 100, 250 oder 500 Tausend Euro, während hohe Privatguthaben verschont bleiben.
Die Schwedische Reichsbank war 2009 die erste, die Reserven-Guthaben von Banken bei der Reichsbank mit einem Negativzins von -0,25% belegte. Die EZB führte einen Negativzins auf Bankeinlagen (Überschussreserven) von 2012 bis 2016 schrittweise bis auf -0,4% ein. Dem folgten die Zentralbanken von Dänemark, der Schweiz und Japan. Der Beweggrund für die Schweizer lag darin, der unerwünschten Aufwertung des Franken entgegen zu wirken. Die Dänen wollten damit die Bindung der Krone an den Euro verteidigen.[10] Dagegen haben sich die Vereinigten Staaten und Großbritannien gegen einen Negativzins entschieden. Mittlerweile haben auch die EZB und die Schwedische Reichsbank angekündigt, ihre Negativzinspolitik zum Januar 2020 zu beenden. Dies ist jedoch nicht sicher, da die erwünschte Rückkehr zu positiven Zinssätzen und einer erhöhten Inflationsrate von 2% erst einmal ins Stocken geraten ist – was wiederum die Rufe nach Negativzinsen bzw verschärften Negativzinsen wiederbelebt hat.
Studien – selbst solche, die es anscheinend vermeiden wollten, der offiziellen Negativzinspolitik zu widersprechen – haben Ergebnisse berichtet, die man ohnehin wissen konnte: die auferlegten Negativzinsen erzielten keine feststellbare Wirkung, weder positive noch negative. Zwei Gründe wurden dafür genannt. Zum einen wurde der Negativzins von den betreffenden Zentralbanken den Banken in ihrem Währungsraum auferlegt, nicht aber von diesen ihren Kunden. Tatsächlich gibt es keinen direkten Wirkungszusammenhang zwischen Negativzins auf Zentralbank-Reserven und auf Banken-Giralgeld.[11] Zum anderen waren die Zinssätze anscheinend zu niedrig, um eine Wirkung hervorzurufen, während höhere Zinssätze aus Furcht vor einem Run auf Bargeld nicht in Frage kamen.[12]
Dennoch wurde erkennbar, dass die Banken versuchten, ihren Reservenbestand so weit wie möglich zu reduzieren. Statt Überschussreserven zu halten, kauften sie leicht liquidierbare Wertpapiere, zum Beispiel Geldmarktfonds, selbst wenn diese nur einen geringen Ertrag brachten. Solche Investments erweitern den nicht-BIP-wirksamen Teil der Finanzwirtschaft, während sie zum BIP oder zur Inflation nichts beitragen. Würde das aufgrund höherer Negativzinssätze in desto größerem Umfang stattfinden, wäre dies kontraproduktiv. Als weiterer Befund ergab sich, dass sich die Banken über die begrenzte Möglichkeit beschwerten, den Negativzins auf ihre Kunden abzuwälzen.[13] Unterm Strich hat die Sache ökonomisch nichts gebracht. Den betreffenden Zentralbanken hat es dennoch Milliardengewinne auf Kosten der Banken eingebracht.[14]
ENDNOTEN
[10] Jurkšas 2017 27, IMF 2017 14–26.
[11] Zur Problematik von Negativzins auf Reservenguthaben der Banken bei der Zentralbank vgl. Gudehus 2017.
[12] IMF 2017. Jurkšas 2017. de Sola Perea/Kashama 2017.
[13] de Sola Perea/Kashama 2017 47.
[14] Deutsche Bundesbank 2018 68.
Dieser Beitrag stammt von Professor Joseph Huber und wurde zuerst auf seinem Blog www.vollgeld.de veröffentlicht