Geldpolitische Instrumente I: Offenmarktpolitik
Die sogenannten Offenmarktgeschäfte stellen die wichtigsten Instrumente aus Sicht der Zentralbank dar, die Banken mit Reserven zu versorgen. Bei den Offenmarktgeschäften geht die Initiative der Maßnahme von der Zentralbank aus, die so die Geschäftsbanken entweder mit Zentralbankgeld versorgt oder ihnen Zentralbankgeld entziehen möchte:
Hauptrefinanzierungsgeschäfte (HRG; englisch: Main Refinancing Operation, MRO): wöchentliches Offenmarktgeschäft mit einwöchiger Laufzeit. Banken leihen sich Zentralbankgeld gegen Hinterlegung von Sicherheiten zum Hauptrefinanzierungszinssatz, auch Leitzins, (englisch main refinancing rate) der EZB. Gilt als wichtigstes Instrument (daher auch Haupttender genannt).
Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte (LRG; englisch: longer-term refinancing operation, LTRO), auch längerfristige Offenmarktgeschäfte: Die so genannten Basistender werden einmal monatlich mit dreimonatiger Laufzeit durchgeführt. LTROs können aber auch unregelmäßig angewendet werden, wie zum Beispiel 2011/12, als mit der sogenannten „dicken Bertha“ im großen Volumen Liquidität zum Hauptrefinanzierungszinssatz mit einer Laufzeit von mehreren Jahren geschaffen wurde. Grund dafür war eine Vertrauenskrise im Interbankenmarkt, wodurch sich die Banken untereinander kein Geld mehr geliehen haben. Die lange Laufzeit der LTROs soll den Fristenunterschied zwischen den Laufzeiten von Verbindlichkeiten und Forderungen der Banken verringern. In der Regel haben Banken langfristige Forderungen (Kredite an den Privatsektor), denen sehr kurzfristige Verbindlichkeiten (z.B. in Form von Sichteinlagen) gegenüberstehen. Reserven stellen aus Sicht der Banken kurzfristige Forderungen (Guthaben) dar, die jederzeit für den Zahlungsverkehr zur Verfügung stehen.
Feinsteuerungsoperationen: Unregelmäßige, nicht standardisierte Operationen, die dazu dienen, kurzfristige und unerwartete Schwankungen der Bankenliquidität zu vermeiden (z.B. kurzfristige Kreditvergabe, Ankauf von Termineinlagen oder zeitlich befristeter Ankauf von Devisen (Devisenswap)).
Strukturelle Operationen: Unregelmäßige, nicht standardisierte Operationen, die den langfristigen Bedarf nach Zentralbankgeld sichern sollen, um die Wirksamkeit der geldpolitischen Maßnahmen zu sichern. Dies kann zum Beispiel durch Verkauf von Schuldverschreibungen gegen Zentralbankgeld erreicht werden, da so die Menge an Zentralbankgeld im Bankensektor dauerhaft gesenkt wird und die Geschäftsbanken wieder mehr Bedarf haben, sich bei der Zentralbank Reserven zu leihen.
Zeitlich befristete Kredite der Zentralbank werden in der Eurozone als repurchase agreement (repo) vergeben. In diesem Fall wird das Eigentumsrecht für die Sicherheit für die Laufzeit des Kredites der Zentralbank übertragen und die Bank verpflichtet sich, sie zu einem vorher festgelegten Preis zurückzukaufen. Der Preis setzt sich aus dem Wert der Sicherheit und dem entsprechenden Zins zusammen. Bei einer strukturellen Operation können Wertpapiere auch endgültig („outright“) gekauft werden. Die wichtigsten Offenmarktgeschäfte sind eindeutig die Hauptrefinanzierungs- sowie die längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte.
Offenmarktgeschäfte werden i.d.R. als Versteigerungsverfahren durchgeführt und nur selten als bilaterales Geschäft. Haupt- und Basistender sind standardisiert und werden daher auch Standardtender genannt (Abwicklung innerhalb weniger Tage). Feinsteuerungsoperationen werden dagegen Schnelltender genannt, da die Geschäftsabwicklung innerhalb von 90 Minuten erfolgt.2 Seit der Finanzkrise wendet die EZB ein Verfahren mit vollständiger Zuteilung an, um den Liquiditätsproblemen seit der Euro-Krise entgegenzuwirken. Derzeit wird in der Eurozone also auch über die Offenmarktgeschäfte jede Höhe von Reserven bereit gestellt, solange genügend Sicherheiten von ausreichender Bonität vorhanden sind.
Dieser Beitrag wurde von Dr. Michael Paetz verfasst und zuerst auf www.was-ist-geld.de veröffentlicht.
Bild: pixabay